66 Jahre: Es ist nie zu spät für Neues

Träumen kann man in jedem Alter. Träume realisieren auch. Warum dies wichtig ist, weiß Psychologe Bardia Monshi.

Schon im Jahr 1977 sang Udo Jürgens: „Mit sechsundsechzig Jahren, da fängt das Leben an. Mit sechsundsechzig Jahren, da hat man Spaß daran.“ Der Song wurde rasch zum Superhit, traf er doch genau die Sehnsucht seiner Zeit: Tatsächlich waren nie zuvor so viele Menschen bei guter Gesundheit so alt geworden.

Jürgens, bei der Veröffentlichung des Songs selbst erst schlappe 43 Jahre, lieferte auch gleich eine ganze Reihe Anregungen für „Spaß“ im Alter: „Ich kauf' mir ein Motorrad und einen Lederdress und fege durch die Gegend mit hundertzehn PS“ hieß es da. Nun gut, es waren die 1970er Jahre und nicht alles Inputs des Chansoniers lassen sich 1:1 mit heutigen Wertvorstellungen vereinbaren. Aber dieser hier vielleicht schon: „Und mit den anderen Kumpels vom Pensionärsverein da mach' ich eine Band auf und wir jazzen ungemein!“

So oder so, Tatsache ist, dass man in jedem Lebensalter Träume haben und mehr noch, diese auch verwirklichen kann. 

Stolperstein Stereotype

Was uns daran hindert, sind vielfach die Bilder im Kopf, die wir von Menschen im Alter haben. „Wir haben als Kinder alte Menschen erlebt, also vielleicht vor 30, 40 oder 50 Jahren. Damals waren 70-Jährige näher am Lebensende. Es waren Kriegskinder, die auch biologisch und psychologisch wirklich alt waren. Dieses Bild hat sich uns eingeprägt“, erklärt Psychologe und Buchautor Bardia Monshi. Mittlerweile sieht die Realität anders aus: „Heutige Kinder erleben 70-Jährige, die reisen, die Sport machen und so weiter. Das Bild verändert sich also, und wir dürfen uns bewusst machen, dass kalendarisches Alter nur ein Faktor von ‚Alt-Sein‘ ist – noch dazu ein ziemlich unbedeutender.“

Träume als Sinnstifter

Träume sind für uns essenziell: Erst ein Lebenstraum verleiht dem eigenen Dasein Sinn. Er ist eine konkrete Vision von einem Zustand, der uns glücklich macht – egal, ob es sich dabei um den Traum vom Haus im Grünen oder der Weltreise mit dem Lebensmenschen handelt.

Monshi: „Solche Träume ziehen uns an und motivieren uns. Wir brauchen innere Bilder, die wir in die Zukunft projizieren, die uns bewegen. Und wer in Bewegung bleibt, bleibt lebendig.“ – Und damit auch jung. 

Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum

Entscheidend sei dabei vom Träumen ins Tun zu kommen: „Es gibt Menschen, die tagträumen gerne ihr ideales Leben und beruhigen sich mit den schönen Vorstellungen so effizient, dass sie nicht ins Handeln kommen“, weiß Monshi. „Positive Träume können also Handlungen hemmen. Auch aus Versagensangst bleiben viele lieber beim Träumen. Wichtig wäre daher zu träumen und dann den nächsten Schritt zu wagen. Nur so kann etwas im Leben gelingen.“

Planung ist die halbe Miete

Je größer der Traum, desto länger meistens die Vorlaufzeit, um ihn zu verwirklichen. Logisch: Wer mit 70 Jahren den New York Marathon laufen möchte, sollte nicht erst mit 68 Jahren überhaupt mit dem Laufen beginnen. Ebenso sind für eine Weltreise ein gewisser finanzieller Polster sowie ein Minimum an Sprachkenntnissen hilfreich. Beides lässt sich durch Jahrzehnte planen und aufbauen

Gut zu wissen

Auch wenn es Ungeduldige vielleicht nicht gern hören, einen Traum zu verwirklichen, geht am besten in kleinen Schritten. Mit der Tiny Habits Methode zeigen kleine Veränderungen im Endeffekt große Wirkung. Der Marathonläufer fängt vielleicht mit drei Trainingseinheiten pro Woche an und die Weltenbummlerin mit einem Spanischkurs in der Volkshochschule.


Aber auch unsere innere, nicht so klar sichtbare Herangehensweise spielt eine Rolle, erklärt Monshi: „Hilfreich ist die Fähigkeit, ein anziehendes Bild zu träumen, das einen wirklich berührt und bewegt. Emotionen sind der Treibstoff der Motivation. Als zweites braucht es die Fähigkeit, Hindernisse zu antizipieren, also die eigene Versagensangst wahrzunehmen, den Zeitmangel und so weiter. Für diese Hindernisse benötigen wir dann Pläne. Die können wir so formulieren: Wenn ich dem Hindernis begegne, dann mache ich XY – es sind also klare wenn-dann-Verknüpfungen. Diese Bewältigung von Hindernissen, die darf ich dann mitträumen. Ich träume also nicht nur vom Ziel sondern auch, wie ich heldenhaft meinen Traum verwirkliche. In diesem Sinn: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“

Zur Person

Dr. Mag. Bardia Monshi ist Gründer und Geschäftsführer des Instituts für Vitalpsychologie und Eigentümer der APP eleMenta. Seit 1999 ist er als Psychologe, hypnosystemischer Coach, Trainer und Speaker tätig. Er und sein Team begleiten im Rahmen der Arbeits- & Organisationspsychologie in D-A-CH Menschen und Organisationen in der Entwicklung ihrer mentalen, sozialen und organisationalen Vitalität.

Tipp zum Hören

Trotz Lebenstraum ist man im Alter vielleicht einsam. Was man dagegen tun kann und wie die körperliche mit der mentalen Gesundheit zusammenhängen? Auf diese Fragen hat er die Antwort: Psychologe und Psychotherapeut Dr. Gerald Gatterer, der uns im UNIQA gemeinsam besser leben Podcast nicht nur verrät, welche Rolle ein genussorientiertes Leben im Alter spielt, sondern auch die Zukunft der technischen Hilfsmittel gegen die Einsamkeit im Alter erläutert. 


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