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Rituale gegen Einsamkeit und Stress: Wie Männer-Alltagsgewohnheiten zur Gesundheitsvorsorge werden

Eines der am meisten unterschätzten Gesundheitsrisiken für Männer ist die Einsamkeit. Während viele körperlich aktiv sind, im Job funktionieren und „ihren Mann stehen“, gerät etwas anderes oft unbemerkt aus dem Blick: Echte soziale Nähe. Genau hier können Alltagsrituale wie Sport, Werkstattzeit oder sogar der Stammtisch, zu wertvoller Gesundheitsvorsorge werden.

Zwei Männer lachen in einem Café

Warum Rituale für Männer so wichtig sind

Werkstattstunden, wöchentliche Sportrunden, regelmäßige Männer-Trips oder der Stammtisch - wirken auf den ersten Blick wie reine Freizeitaktivitäten. Psychologisch betrachtet erfüllen diese Gewohnheiten jedoch eine tiefere Funktion: Sie verbinden. Sie schaffen Kontinuität, Verlässlichkeit und eine Form der gegenseitigen Unterstützung, die gerade Männern guttut, besonders, weil offener Austausch oft schwerer fällt. 

Experte Dr. Bardia Monshi, Psychologe und Gründer des Instituts für Vitalpsychologie in Wien, erklärt: „Gute Sozialkontakte stärken unsere Resilienz und Gesundheit. Wenn Stress entsteht, fühlen wir uns häufig alleingelassen. Und wenn das tatsächlich so ist, kippt Stress schnell in Überlastung.“

Einsamkeit: eine typische Männer-Beschwerde?

Viele Männer haben ein kleineres soziales Netzwerk als Frauen. Das liegt laut Dr. Monshi einerseits an überholten Rollenbildern, die Verletzlichkeit und Offenheit als „unmännlich“ darstellen, und andererseits an einem Lebensstil, der berufliche Leistung über persönliche Beziehungen stellt. „Wer den Fokus nur auf die Karriere richtet, hat schlichtweg weniger Zeit für Freundschaften. Deshalb kann man Einsamkeit tatsächlich als eine typische Männerbeschwerde bezeichnen.“ Das führt dazu, dass viele Männer im Laufe ihres Lebens weniger enge Bezugspersonen haben als Frauen. Dadurch steigt das Risiko für Stress, Schlafstörungen oder psychosomatische Beschwerden.

Warum Männer seltener über Belastungen sprechen

Dass Männer weniger über Gefühle sprechen, ist kein bloßes Klischee, sondern Realität. In Kursen zu mentaler Gesundheit sitzen laut Dr. Monshi rund 75 Prozent Frauen. Für viele Männer ist es nach wie vor ungewohnt, offen über Belastungen zu sprechen. Er ergänzt: „Es ist eine Generationenfrage, gleichzeitig sind jedoch alte Klischees auf Social Media präsenter denn je. Viele Männer sehnen sich sogar nach ‚alter Härte‘. Wichtig ist, Räume zu schaffen, in denen gezeigt wird: Es lohnt sich, sich zu öffnen.“

Solche Räume entstehen oft überraschend einfach - etwa beim gemeinsamen Laufen, Schrauben, Wandern oder Kartenspielen. Alltagsrituale schaffen eine Atmosphäre, in der Nähe ungezwungen möglich ist und in der Männer Schritt für Schritt erleben können, dass Offenheit stärkt.

Was Rituale im Körper bewirken

Rituale sind einerseits sozial, andererseits aber auch biologisch wirksam. Treffen mit vertrauten Menschen aktivieren das Bindungssystem und damit Hormone, die Stress buchstäblich entschärfen. Dr. Monshi erläutert: Sozialer Kontakt aktiviert Oxytocin, einen Gegenspieler von Cortisol (Anm. Cortisol= Stresshormon). Wer sozial gut eingebunden ist, schläft besser. Auch der Vagusnerv, unser ‚Entspannungsnerv‘, reagiert positiv auf Gespräche und Nähe. Das ist messbar, aber vor allem spürbar.

Warum soziale Rituale so wirksam sind
    • Geringere Stresshormon-Ausschüttung
      Zeit mit vertrauten Menschen steigert Oxytocin, das Cortisol entgegenwirkt. So fährt der Körper schneller herunter und bleibt belastbarer.
    • Besserer Schlaf
      Soziale Sicherheit beruhigt das Nervensystem. Menschen mit regelmäßigen sozialen Kontakten schlafen tiefer und erholsamer, weil der Körper weniger in Alarmbereitschaft ist.
    • Stabilerer Blutdruck
      Oxytocin und die Aktivierung des Vagusnervs unterstützen Herz und Kreislauf. Herzfrequenz sinkt, der Blutdruck stabilisiert sich, und der Körper kann besser regenerieren.
    • Mehr Resilienz
      Rituale schaffen Bezugspunkte, die in psychischen und körperlichen Krisen widerstandsfähiger machen.
    • Weniger Gefühl der Überlastung
      Regelmäßige Treffen sind wie Ventile. Reden, Lachen und gemeinsame Bewegung zeigen: Niemand bleibt mit seinen Sorgen allein.
  • Kurz gesagt:
    Gemeinsame Routinen sind wie mikro-dosierte Gesundheitsvorsorge und wirken langfristig positiv auf Stresslevel, Schlafqualität und Wohlbefinden.


Digitale Kontakte ersetzen echte Treffen nicht

Messenger, kurze Sprachnachrichten oder Likes auf Social Media sind praktisch und unkompliziert, aber kein Ersatz für reale Begegnung. Viele Männer merken erst spät, dass ihnen reale Kontakte fehlen. Dr. Monshi empfiehlt: „Wer wieder Anschluss finden will, denkt am besten darüber nach, was man Schönes oder Interessantes tun könnte und lädt jemanden gezielt dazu ein.“

6 Rituale, die Männer nachhaltig stärken 
  1. Sportgruppen & feste Trainingszeiten
    Gemeinsam laufen, Radfahren oder Krafttraining in der Gruppe setzt Endorphine frei, stärkt die Disziplin und sorgt ganz nebenbei für tiefere Beziehungen. Viele Männer öffnen sich leichter, wenn sie etwas tun, statt nur zu reden, Sport bietet dafür den idealen Rahmen.

  2. Werkstattzeit oder Hobby-Gemeinschaften
    Gemeinsames Arbeiten verbindet, das kann beim Oldtimer schrauben, Holzprojekte bauen oder Elektronik tüfteln sein. Treffen wie diese bieten Nähe, ohne dabei Druck auszuüben.
     
  3. Jährliche Männer-Trips
    Ein Wochenende pro Jahr kann erstaunlich viel bewirken. Raus aus dem Alltag, rein in gemeinsame Erlebnisse: Wanderungen, Hüttentouren, Roadtrips oder einfache Wellness-Tage. Solche Auszeiten stärken Bindungen, schaffen Erinnerungen und füllen den sozialen „Akku“ wieder auf.

  4. Mittagspausen bewusst gemeinsam verbringen
    Essen verbindet auch im vollen Arbeitsalltag. Gemeinsame Pausen schaffen kleine Inseln der Entspannung, man bekommt den Kopf frei, lacht, teilt Momente und baut Vertrauen auf. Wer regelmäßig mit Kollegen isst, fühlt sich weniger isoliert und erlebt mehr Zugehörigkeit im Job.

  5. Zusammen Projekte realisieren (z. B. Renovieren, Gartentage, Vereinsarbeit)
    Ob beim Garage aufräumen, Regale bauen, ein altes Fahrrad oder Motorrad wieder flottmachen, im Garten Hecken schneiden oder ein Hochbeet aufstellen – Projekte wie diese verbinden. Selbst kleine Renovierungsarbeiten wie ein Zimmer streichen, Lampen montieren oder Möbel aufbauen können, wenn sie gemeinsam unternommen werden, Freundschaften vertiefen und dafür sorgen, dass man sich nicht aus den Augen verliert.

  6. Ein fixer Rhythmus zu zweit
    Regelmäßiger Kontakt funktioniert besser, wenn er eingeplant ist. Ein kurzer Termin alle vier Wochen im Kalender reicht, egal ob Kaffee, Spaziergang oder schneller Austausch. Es klingt vielleicht streng, sich dafür einen Termin zu setzen, doch genau dieses Verständnis von Verbindlichkeit hilft, Freundschaften stabil zu halten und nicht aus dem Blick zu verlieren.

Beziehung als Schlüssel zur Gesundheit

Dr. Monshi fasst zusammen: Die wichtigsten Gesundheitsfaktoren – ebenso bedeutsam wie Ernährung und Bewegung – sind zum einen Beziehungen und zum anderen die Fähigkeit, diese zu pflegen.


Dr. Bardia Monshi
© bereitgestellt
Zur Person

Dr. Bardia Monshi ist Psychologe, Autor und Gründer des Instituts für Vitalpsychologie in Wien. Er arbeitet seit vielen Jahren zu den Themen Resilienz, mentale Gesundheit und Stressprävention.


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