Wie läuft eine Bergung mit dem Rettungshubschrauber ab?

Einen der 27 gelben Rettungshubschrauber hat wohl jeder schon einmal am Himmel gesehen – immerhin gibt es österreichweit durchschnittlich zwei Einsätze pro Stunde. Aber wie läuft so eine Bergung ab? Christophorus-Pilot und Geschäftsführer der ÖAMTC-Flugrettung Reinhard Kraxner hat es uns erklärt.

Gelber Rettungshubschrauber

Mit einem Hubschrauber in Krems und einem zweiten in Innsbruck wurde 1983 der Christophorus Flugrettungsverein vom ÖAMTC gegründet, um eine bessere, schnellere medizinische Notfallversorgung zu gewährleisten. 40 Jahre später hat der Verein 17 Standorte ganzjährig in Betrieb, vier weitere in den touristisch gut besuchten Monaten. Knapp 22.000 Einsätze gab es im vergangenen Jahr 2022 – das bisher intensivste Jahr für die ÖAMTC-Flugrettung. Ein Grund mehr, sich anzuschauen, wie so ein Rettungseinsatz mit dem Helikopter überhaupt abläuft.

In drei Minuten in der Luft

„Der Notruf kommt über die zentralen Leitstellen an die jeweiligen Standorte“, erzählt Christophorus-Pilot Reinhard Kraxner. „Die Informationen zum Einsatz werden alle gesammelt auf einem digitalen Bildschirm gezeigt. In etwa zehn bis 15 Sekunden wissen wir, worum es geht und innerhalb von drei Minuten nach Eingang des Notrufs sind wir in der Luft.“ 

Dank Digitalisierung seien alle Einsatzdaten auch an Bord der Hubschrauber verfügbar, sie können sofort abgerufen und müssen nicht mehr händisch eingeben werden, erklärt Kraxner. Während des Anflugs hole sich die Flugrettung alle Zusatzinformationen, die verfügbar sind.  

„Bei 60 bis 70 Prozent der Einsätze handelt es sich um internistische und neurologische Notfälle, wie etwa Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Hirnblutungen. In solchen Fällen braucht es stets Spezialkliniken, deshalb ist der Hubschrauber das richtige Transportmittel", sagt Kraxner. Er ergänzt: „Wir werden aber auch in den Fällen verständigt, wo ein Notarzt gebraucht wird, mit dem Auto aber nicht so schnell oder wegen des unwegsamen Geländes auch gar nicht zum Einsatzort kommen kann.“ In den meisten Fällen wird der Transport der Hubschrauber von der gesetzlichen Krankenversicherung oder einer vorhandenen Bergekosten- der Unfallversicherung übernommen.

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Ist der Hubschrauber am Einsatzort angekommen, werde er oft bereits von einem größeren Aufgebot empfangen, weil in vielen Fällen auch die Polizei mitalarmiert wird. Sie sichert den Landeplatz ab und hält der Crew den Rücken frei, damit sie sich voll und ganz um die Versorgung der Patient:innen kümmern kann.  

Sobald der Helikopter am Boden ist, gehe es um die Erstversorgung der Patient:innen durch Notarzt:Notärztin und Flugretter:innen. Währenddessen klärt der Pilot mit der Leitstelle auch das Zielklinikum ab und macht den schnellsten Weg dorthin aus. 

© ÖAMTC

Wurde der:die Patient:in dann im Krankenhaus an die Spezialist:innen übergeben, gehe es zurück zum Stützpunkt, wo der Hubschrauber gereinigt, desinfiziert, aufgefüllt und aufgetankt wird. Kraxner: „Außer es kommt über die Leitstelle ein Folgeeinsatz herein, dann fliegen wir – je nach Sprit und Equipment – weiter.“  Eine Stunde und 40 Minuten Flugzeit schaffe der Helikopter mit einem Tank. „Wir tanken nicht voll, weil wir die Gewichtsreserven brauchen.“ Mit zunehmender Höhe nehme die Leistung der Hubschrauber nämlich ab. 

Was und wer fliegt mit? 

„An Bord ist ein kleiner, aber vollständiger Schockraum, der mit diversen Monitoren, Beatmungsgeräten, Reanimationsautomaten und natürlich Medikamenten und Infusionen ausgestattet ist“, erklärt der Pilot. „In den gebirgigen Regionen fliegt zusätzlich Bergematerial mit.“ 

Viel wichtiger als das Was, ist allerdings das Wer. Ohne Personal bringt nämlich auch der am besten ausgestattete Schockraum nichts. Neben dem Piloten fliegen daher ein Notarzt oder eine Notärztin und ein sogenannter Flugretter bzw. eine Flugretterin mit.  

„Die Flugretter sind richtige Tausendsassa“, sagt Kraxner. Sie haben die meisten Funktionen inne: Einerseits müssen sie dem Piloten bei der Durchführung des Fluges helfen, funken und navigieren. Andererseits assistieren sie dem Notarzt oder der Notärztin direkt an der Unfallstelle als Notfallsanitäter:innen. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Patient:innen und Geräte an Bord entsprechend verstaut sind und wenn die Flugretter:innen an einem alpinen Standort arbeiten, gehört es auch zu ihren Aufgaben zu retten – also unten am Tau zu hängen und die Patient:innen zu bergen

Mit 2000 Flugstunden zum Rettungspiloten

Und schließlich sind da auch noch die Piloten, die den Hubschrauber überhaupt erst in die Luft bringen. Das Schwierigste daran sei, meint Kraxner, dass man nie wisse, wo der nächste Flug hingeht: „Als Pilot musst du auf jedes Wetter, auf jede Geografie und auf alle Rahmenbedingungen der Luftfahrt vorbereitet sein, ohne im Notfall in einen Maximalstress zu verfallen.“  

Entsprechend hoch ist die Einstiegshürde für Rettungspilot:innen, denn sie liegt bei mindestens 2000 Flugstunden. Kraxner: „Normalerweise haben die Menschen sieben bis zehn Jahre Berufserfahrung, bevor sie sich bei uns bewerben. Dann gibt es ein intensives Auswahlverfahren, in das nur etwa die Hälfte derer, die den Voraussetzungen entsprechen, auch aufgenommen werden. Grundsätzlich gilt: Die Bewerberinnen und Bewerber müssen in der Nacht, im Hochgebirge und mit Außenlasten fliegen können.“  

Bis vor etwa fünf Jahren wurde vor allem vom Militär und der Polizei rekrutiert, was vielleicht ganz gut erklärt, warum der Job noch sehr männlich dominiert ist. Mittlerweile kommen die Bewerber:innen aber vermehrt aus dem zivilen Bereich, nach Ausbildungen und Erfahrungen in Übersee. So wurde bei der letzten Selektion eine Pilotin rekrutiert, die in den nächsten ein bis zwei Jahren schon für die ÖAMTC-Flugrettung abheben wird.

Zur Person

Reinhard Kraxner ist seit 1983 Pilot ist und fliegt seit 1992 für die ÖAMTC-Flugrettung, wo er seit 2007 auch Geschäftsführer ist.

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