Weniger-ist-mehr-Weihnachten

Sojaschnitzel statt Weihnachtskarpfen? Spenden statt Schenken? Teelicht statt Lichterkette? Weihnachten nachhaltiger zu gestalten, bedeutet nicht karg, abgespeckt oder ohne Genuss zu feiern, sondern die Perspektive zu verändern und andere Prioritäten zu setzen. 

In Zeitungspapier verpacktes Geschenk

„Zu viele Leute geben Geld aus, das sie nicht verdient haben, um sich Sachen zu kaufen, die sie nicht brauchen, um damit Leute zu beeindrucken, die sie nicht mögen.“ So brachte es der amerikanische Entertainer Will Rogers schon vor hundert(!) Jahren auf den Punkt. Seither hat sich nichts geändert, im Gegenteil, Weihnachten scheint immer mehr zur Konsumschlacht auszuarten und das „Fest der Liebe“ geht in Bergen von Geschenken, Essen und Dekokitsch unter.

Es wäre also höchste Zeit, einen Gang zurückzuschalten, und uns in Erinnerung zu rufen, worum es bei Weihnachten eigentlich geht: Zeit, mit Menschen zu verbringen, die wir lieben, Freude am Schenken und am gemeinsamen Feiern. Das geht auch mit weniger, denn Nachhaltigkeit und Genuss sind kein Gegensatz. Ein bewusst nachhaltiges Weihnachten kann sogar eine tiefere Wertschätzung für das Fest fördern, indem es unseren Blick auf das lenkt, was wirklich wichtig ist.

Klein und individuell

Die Weihnachtszeit beginnt mit dem Advent und damit dem Adventkalender. Schon dabei gibt's die Möglichkeit, klein und individuell zu bleiben. 24 Stoffsackerl oder bunte Boxen, die jeden Tag mit Süßigkeiten, liebevollen Botschaften oder persönlichen Mini-Geschenken befüllt werden machen vermutlich sogar mehr Freude als ein uniformes Massenprodukt aus dem Supermarkt.

Lokal produziert

Ab Mitte November sprießen überall die Weihnachtsmärkte aus dem Boden. Doch braucht es die 283. Christbaumkugel, die womöglich in einem anderen Teil der Erde angefertigt wurde, tatsächlich? Wenn schon Shopping am Weihnachtsmarkt, dann vielleicht lieber lokale Produkte von kleinen Produzent:innen, die auf diese Weise auch gefördert werden.

Zeit und statt Zeug

Dasselbe gilt für Weihnachtsgeschenke. Statt im Internet bei Großhändlern zu bestellen, bietet der Einkauf bei kleinen Händler:innen vor Ort nicht nur mehr Erlebnis, sondern sichert auch deren Überleben. Der nächste Schritt auf der Nachhaltigkeits-Leiter heißt „Zeit statt Zeug“. Erlebnisgeschenke wie z.B. ein gemeinsamer Ausflug zum Rodeln oder eine Einladung ins Kabarett bleiben überdies länger in Erinnerung als ein Pullover oder Weinkühler.

Wer mit seinen Gaben noch mehr bewegen mag, kann auch „Geschenke mit Sinn“ machen – und zwar in Form von Spenden an karitative Organisationen. Möglichkeiten gibt es viele, beliebt und bekannt sind etwa die Ziegen, die sich via Caritas verschenken lassen. 

Macht soziales Engagement glücklich?

Fast die Hälfte der österreichischen Bevölkerung übt eine freiwillige Tätigkeit aus. Caritas Geschäftsführer Klaus Schwertner verrät uns in dieser Folge wieso freiwilliges Engagement nicht nur anderen, sondern auch uns selbst guttut und was Lebenserwartung und das eigene Glück mit Freiwilligenarbeit zu tun haben. Außerdem gibt er uns Einblicke, welche Art von Hilfe über das Caritas Netzwerk möglich ist und wie man auch mit eingeschränkten Zeitressourcen etwas beitragen kann.

„Furoshiki“ und Zeitungspapier

Geschenke wollen verpackt werden. Leider werden die meisten Geschenkverpackungen nur einmal verwendet und landen nachher im Müll. Eine besonders schöne und ausgefallene Verpackung ist ein „Furoshiki“. Dabei wird das Geschenk kunstvoll in ein quadratisches Tuch (z.B. aus einem ehemaligen T-Shirt oder Tischwäsche) eingewickelt. Anleitung dafür gibt es jede Menge im Internet, und natürlich stammt diese Bindetechnik aus dem Land der ästhetischen Verfeinerung – Japan. Eine andere Möglichkeit und ein Klassiker unter den nachhaltigen Verpackungen ist Zeitungspapier, das individuell bemalt oder mit getrockneten Blättern, Tannenzweigen oder Bockerln dekoriert werden kann.

Es werde Licht - mit Sinn!

Weihnachtszeit ist Lichterzeit. Die hohen Energiepreise legen mittlerweile jedoch so manche Lichterkette in Ketten. Wer es festlich funkeln lassen möchte, kann mittels LED-Lampen und Zeitschaltuhren Energie sparen. So leuchtet es nur, wenn es wirklich Sinn macht und nicht die ganze Nacht hindurch

Stichwort: Kerzen. Auch hier lässt sich einiges bewirken, wenn man beim Kauf darauf achtet, dass sie frei von tierischen Inhaltsstoffen, Paraffin und Palmöl sind. (Und auch wenn Bienenwachskerzen teurer sind – ihr wunderbarer Duft kann durch nichts ersetzt werden.)

Festessen für alle

Das Fest der Liebe ist keines für Gans, Lachs, Truthahn und Co., wenn sie als Weihnachtsbraten enden. Möglicherweise lässt sich die jeweilige Familientradition in Sachen Festschmaus einem Check unterziehen und anpassen, z.B. wenn die Kinder mittlerweile Vegetarier:innen sind… Und wer zu Weihnachten nicht auf Fleisch oder Fisch verzichten möchte, tut Gutes, wen er:sie beim Kauf auf Gütesiegel achtet und Ware aus Massentierhaltung vermeidet.

Zeit der Stille

Last but not least: Wir machen uns selber ein nachhaltiges Geschenk, wenn wir die Feiertage für Digital Detox nutzen – also Zeit der Stille statt Zeit vorm Bildschirm. Ein gemeinsamer Spieleabend mit Freund:innen, zusammen Kochen oder spazieren gehen ist nicht nur gut für unsere Umwelt, sondern auch für unsere Freundschaft und die eigene Seele. Denn Nachhaltigkeit hat durchaus mit Glücklichsein zu tun.

Davon ist auch der Volkswirt Niko Peach überzeugt: „Derzeit verzetteln wir uns in einer reizüberfluteten Konsumsphäre, die unsere knappste Ressource aufzehrt, nämlich Zeit. Durch den Abwurf von Wohlstandsballast hätten wir die Chance, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, statt im Hamsterrad der käuflichen Selbstverwirklichung zusehends Schwindelanfälle zu erleiden. Wenige Dinge intensiver zu nutzen und zu diesem Zweck bestimmte Optionen einfach souverän zu ignorieren, bedeutet weniger Stress und damit mehr Glück.“

Buchtipp:
Niko Paech, Befreiung vom Überfluss – Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie. Oekom Verlag 2012

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