Antibiotikaresistenz – was ist das?

Dank Antibiotika sind viele bakterielle Infektionskrankheiten heute gut behandelbar. Allerdings wirken die Medikamente immer öfter nicht (mehr), weil Erreger dagegen resistent sind. Was genau verursacht Resistenzen? Wie problematisch sind diese? Und was kann man dagegen tun?

Hand in Handschuh hält Bakterienkulturen
@ Adobe Stock

Lungenentzündung, Sepsis oder Tuberkulose: Durch die Entdeckung der Antibiotika Mitte des 20. Jahrhunderts haben viele bakterielle Erkrankungen ihren Schrecken verloren. Sie können oft binnen weniger Tage oder Wochen geheilt werden. Durch Resistenzbildungen wird diese zuverlässige Wirkung gefährdet: Ist ein Erreger resistent gegen ein Antibiotikum, kann er damit weder abgetötet noch in seinem Wachstum gehemmt werden – die Behandlung der Erkrankung wird deutlich schwieriger. Als Hauptursachen für Resistenzen gelten der übertriebene und falsche Einsatz von Antibiotika.  

Wie wirken Antibiotika?

Antibiotische Substanzen werden bei bakteriellen Infektionskrankheiten in der Human- und Veterinärmedizin eingesetzt. Als erstes Antibiotikum kam das Penicillin, per Zufall vom britischen Mediziner Alexander Fleming entdeckt, 1942 auf den Markt. „Antibiotika sind ursprünglich natürlich gebildete Stoffe eines Mikroorganismus, um sich einen Vorteil gegenüber einem anderen Mikroorganismus zu verschaffen“, erklärt die Fachärztin für Hygiene und Mikrobiologie Prim.a Univ.Prof.in Dr.in Petra Apfalter, Leiterin des Instituts für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin am Ordensklinikum Linz GmbH Elisabethinen. „Mit der Einführung von Antibiotika als Medikamente entsteht über die Jahrzehnte ein Druck auf Bakterienpopulationen, Strategien zu entwickeln, um dem Einfluss zu entgehen.“ Es gibt viele unterschiedliche Mechanismen, wie Bakterien das tun.

Prim. Univ. Prof. Dr. Petra Apfalter

Prim.a Univ. Prof.in Dr.in Petra Apfalter, Fachärztin für Hygiene und Mikrobiologin
@Ordensklinikum Linz

  • Wie entwickeln sich Resistenzen?

    „Bakterien sind Mikroorganismen, die sich laufend an äußere Bedingungen anpassen. Das ist ein natürlicher Prozess“, erklärt die Mikrobiologin. Mikroorganismen wie Bakterien sind resistent, wenn sie gegenüber äußeren Einflüssen widerstandsfähig sind. Resistenzen gab es bereits schon vor der Zeit von Antibiotika; durch deren Einsatz ist ein weiterer Selektionsdruck entstanden. Die Antibiotikaresistenz (=„antimikrobielle Resistenz“, AMR) bezeichnet die Fähigkeit von Bakterien, eine Widerstandsfähigkeit gegen Antibiotika zu entwickeln, mit denen sie zuvor bekämpft werden konnten. „Antibiotikaresistenzen sind ein globales Thema aufgrund der Menschenbewegungen durch Migration und Reisen. Bakterien in verschiedenen Regionen der Erde sind unterschiedlich beschaffen und diese tauscht man in einer globalen Welt untereinander aus”, veranschaulicht Apfalter.
    Bakterien sind sehr anpassungsfähig und vermehren sich rasch, dabei kann sich spontan das Erbgut verändern. Resistenzen entstehen durch natürliche Mutationen im Erbgut der Bakterien oder durch Aufnahme von Resistenzgenen aus der Umgebung. Bakterien können mehrere Resistenzgene aufnehmen. Die Gesamtheit aller Antibiotika-Resistenzgene eines Erregers wird als Resistom bezeichnet. So entstehen mehrfach bzw. multiresistente Erreger (MRE), die einer Vielzahl von Antibiotika widerstehen und diese Widerstandsfähigkeit weitervererben können. Antibiotikaresistente Erreger treten oft dort auf, wo viele Antibiotika eingesetzt werden (z.B. in Spitälern). 


Wie bestimmt man Antibiotikaresistenzen?

„Man weiß grundsätzlich, was die häufigen bakteriellen Erreger einer Lungenentzündung oder einer Harnwegsinfektion sind“, unterstreicht Apfalter. „Wenn sich Infektionen länger dahinziehen, versucht man mit mikrobiologischer Diagnostik die ursächlichen Erreger zu finden.“ Die Antibiotikaresistenzbestimmung erfolgt in einem mikrobiologischen Labor nach standardisierten Verfahren. Nach der Resistenzbestimmung werden die nachgewiesenen Keime als S - sensibel bei normaler Exposition, I - sensibel bei erhöhter Exposition oder R – resistent bezeichnet.
Man unterscheidet verschiedene Arten von Antibiotikaresistenzen. Die primäre Resistenz etwa bezieht sich auf Resistenzen gegen bestimmte Gattungen. Von einer Multiresistenz spricht man bei Unempfindlichkeit gegenüber mehreren Antibiotika verschiedener Klassen. Die Resistenzbestimmung dient als Grundlage für die Auswahl der Antibiotikatherapie.

Was sind die Folgen von Antibiotikaresistenzen?

Bei einer Antibiotikaresistenz können Bakterien durch das Antibiotikum nicht mehr abgetötet bzw. in ihrem Wachstum gehemmt werden. In der Folge dauern Infektionen länger, sind schwieriger zu behandeln, Krankenhausaufenthalte werden länger und häufiger. Für einige Erkrankungen gibt es kaum noch wirksame Antibiotika.
Wie eine bakterielle Infektion verläuft, hängt aber nicht nur von den (resistenten) Bakterien ab, sondern auch vom „Wirt“, also der genetischen und körperlichen Konstitution der oder des Erkrankten. „Eine Antibiotikaresistenz wird dann zum Problem, wenn man eine schwere Infektion mit einem Erreger hat und weniger Substanzauswahl bei den Therapieoptionen“, unterstreicht Apfalter. Ein erhöhtes Risiko für solche Infektionen haben z. B. Kinder mit einer unreifen Immunsystem, ältere oder chronisch kranke Menschen mit geschwächtem Immunsystem (z. B. Organtransplantierte, Krebspatient:innen, Diabetiker:innen).

Wie verbreitet sind Antibiotikaresistenzen?

Die WHO zählt Antibiotikaresistenzen zu den zehn größten globalen Gesundheitsproblemen. Sie fordern rund 1,3 Millionen Tote pro Jahr. Laut EU-Gesundheitsbehörde ECDC sind rund 35.000 Todesfälle in der EU bzw. im EWR pro Jahr auf Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien zuführen, in Österreich sind es mehr als 260. Die niedrigsten Prozentsätze von Antibiotikaresistenzen gibt es in nordeuropäischen Ländern, die höchsten in Süd- und Osteuropa. In Krankenhäusern ist das Auftreten antibiotikaresistenter Keime eine besondere Herausforderung: Hier befinden sich relativ viele vulnerable Menschen, Antibiotika müssen vergleichsweise oft eingesetzt werden und es treffen viele verschiedene Keime aufeinander.


Was kann man gegen Antibiotikaresistenzen tun?

Idealerweise kommt es gar nicht zu einer Infektion: 30 von 100 Infektionen dürften sich durch einfache Hygienemaßnahmen wie gründliches Händewaschen oder Hygiene in der Küche vermeiden lassen. Hat die Ärztin oder der Arzt Antibiotika gegen eine bakterielle Infektionserkrankung verschrieben, sollte man sich bei der Einnahme genau an die Verordnung halten. Grundsätzlich sollten Antibiotika gezielt, ausschließlich bei bakteriellen Infektionen und sparsam eingesetzt werden: Die Einnahme so kurz wie möglich und so lange wie nötig erfolgen.


Sie möchten stets gut informiert sein? 

Am Ball bleiben ist das Um und Auf. Mit Ihrer Einwilligung erhalten Sie Informationen zu Produkten, Services und Aktionen rund um Gesundheit, Familie, Freizeit und Auto.

Kontakt

Reiseversicherung