Sars-CoV-2-Varianten: Was kommt als nächstes?

Vieles ist inzwischen über SARS-CoV-2 bekannt, manches wissen wir nicht. Zum Beispiel, wie genau sich die Situation in den kommenden Monaten entwickeln wird. Dafür bräuchte es ein Blick in die gerne zitierte Glaskugel. Doch Expert:innen weltweit beobachten die Situation sehr genau und wissen zumindest, auf welche Szenarien wir uns einstellen sollten.

Frau sitzt auf einer Treppe

Die größte Unsicherheit besteht durch immer neue Virusvarianten beziehungsweise Mutationen. Dass sich Viren, so auch SARS-CoV-2, laufend verändern, sobald sie einmal in die Zellen eindringen und sich dort vermehren konnten, ist bekannt. Ursächlich dafür ist eine Art Kopierfehler in den Genomen des Virus, nachvollziehbar gemacht werden kann das durch eine Art Stammbaum. Aktuell dürften um die 1500 Virusvarianten von SARS-CoV-2 im Umlauf sein. Manche entwickeln sich voneinander, manche nebeneinander – und die meisten sind für das Pandemiegeschehen nicht entscheidend.

Wenn neue Varianten dominant werden

Einige Varianten werden jedoch dominant und das kann sich entscheidend auf das Pandemiegeschehen auswirken. Neue Virusvarianten können entweder infektiöser oder weniger infektiös, ihre pathogenen Eigenschaften können ausgeprägter oder weniger ausgeprägt sein. Steuern können wir das nicht. Oder: fast nicht. Denn je mehr und ungebremster das Virus zirkulieren kann, umso eher steigt die Wahrscheinlichkeit für Mutationen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Je mehr Menschen die Infektion durchgemacht haben oder einen ausreichenden Impfschutz aufweisen und je besser weitere Schutzmaßnahmen wie Abstand, Masken und Hygiene zusammenwirken („Schweizer-Käse-Modell“), umso weniger gut kann das Virus zirkulieren.

Omikron-Varianten bestimmen aktuell noch das Geschehen

Die aktuell vorherrschenden Omikron-Varianten zählen laut Weltgesundheitsorganisation WHO zu den besorgniserregenden Varianten (variants of concern). Diese bestimmen längst das Infektionsgeschehen, wobei Omikron BA.2 Omikron BA.1 mittlerweile weitgehend abgelöst hat. Omikron war von Beginn an eine Mutation mit besonders vielen Varianten, dazu kamen noch Rekombinationen und Kreuzkombinationen mit Delta.

Die Omikron-Varianten sind noch einmal deutlich ansteckender als zuvor dominierende Varianten. Im Gegensatz etwa zu Delta bleibt die Virenlast allerdings eher im Nasen-Rachen-Raum und setzt sich weniger in der Lunge fest. Das macht Omikron zwar infektiöser, dafür aber die Krankheitsverläufe im Vergleich etwas milder. Dementsprechend gingen auch die Corona-bedingten Krankenhausaufenthalte zurück.

Das Risiko von Rekombinanten und Mischvarianten

Erst im Frühjahr tauchten Berichte über eine mögliche „Deltakron“-Variante in Israel auf. Dabei sollte es sich um eine Rekombination, also um eine Mischvariante aus Delta und Omikron, handeln. Die WHO blieb aber eher zurückhaltend. Die Variante wird weiter beobachtet, wurde aber bisher nicht als besorgniserregend eingestuft.

Eine andere auffällige Variante ist Omikron XE. Dabei handelt es sich um eine Rekombinante aus Omikron BA.1 und BA.2, die bereits vielfach in Großbritannien auftauchte, zu der es aber keine ausreichenden Daten gibt. Entstehen dürften solche Rekombinanten, wenn eine Person gleichzeitig mit zwei Virusvarianten angesteckt wird – ein Risiko, das mit entsprechend hohen Zahlen an Infizierten steigen kann.

Derzeit unter Beobachtung: Omikron BA.4, BA.5 und F486V

Aktuell beobachtet man laut dem deutschen Virologen und Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, Christian Drosten, in der SARS-CoV-2-Überwachung drei neue Varianten: Omikron BA.4, Omikron BA.5 und die F486V Mutation. BA.4 und BA.5 dürften sich unabhängig von Omikron BA.1, BA.2 und BA.3 entwickelt haben und alle drei dürften mit einer erhöhten Virulenz und Immunflucht, durch welche die Immunantwort umgangen wird, einhergehen.

In Südafrika breiten sich die beiden von der WHO als besorgniserregend eingestuften Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 bereits seit Jahresanfang aus, seit April exponentiell: Die Zahl der Neuinfektionen vervielfachen sich inzwischen immer um denselben Faktor und damit besonders rasant. Mittlerweile lösten sie in Südafrika sogar BA.2 ab.

In Ländern wie Österreich, Deutschland und Nachbarländern dominiert aktuell klar die Omikron-Variante BA.2. Allerdings wurden in Österreich bereits die ersten Fälle der neuen Omikron-Varianten nachgewiesen. Da über Infektiosität und Pathogenität noch nicht sehr viel bekannt ist und Ländervergleiche ohnehin schwierig sind, bleiben die Auswirkungen von BA.4 und BA.5 hierzulande abzuwarten.

Wie gut schützt die Impfung noch vor neuen Varianten?

Mit Auftreten der Omikron-Varianten haben die aktuell verfügbaren COVID-Impfstoffe deutlich an Wirksamkeit eingebüßt. Für besonders gefährdete Personengruppen wie ältere, stark immunsupprimierte oder schwerwiegend immungeschwächte Menschen sowie Risikopersonen empfiehlt das Nationale Impfgremium (NIG) mittlerweile eine zweite Booster-Impfung, also den vierten Stich – und zwar frühestens vier bis sechs Monate nach der ersten Booster-Impfung. Bei jüngeren Personen ohne höheres Risiko soll der Impfschutz nach drei Impfungen aktuell ausreichen. Wann eine allgemeine vierte Impfung Sinn macht, wird die Datenlage zeigen. Gerechnet wird damit von vielen noch vor dem Herbst, idealerweise dann auch mit an die neuen Varianten angepassten Impfstoffen.

Da jedoch noch nicht bekannt ist, welche Variante(n) im Herbst vorherrschen werden, bleiben Expert:innen auch dahingehend vorsichtig. Von Impfstoff-Herstellern heißt es, dass man an verbesserten Impfstoffen arbeite. Ziel ist es, Präparate an die neuen Varianten anzupassen beziehungsweise Impfstoffe der zweiten Generation zu entwickeln, die unter Umständen einen länger anhaltenden Impfschutz bieten. Doch auch dann werden Auffrischungsimpfungen, wie sie etwa von der Grippeimpfung bekannt sind, nicht auszuschließen sein. 

Vorbereitungen auf den Herbst: vier mögliche Szenarien

Der österreichische Virologe, Immunologe und Gecko-Mitglied Andreas Bergthaler gab im Interview mit ORF III Aktuell einen Ausblick auf vier mögliche, in seinem neuen Paper skizzierte Szenarien: Erstens das wohl unwahrscheinlichste Szenario, nämlich das Ende der Pandemie. Zweitens ein Szenario ähnlich Omikron, also mit einem deutlich abgeschwächten Virus, das jedoch für vulnerable Personen weiterhin ein Problem bliebe. Drittens ein Szenario mit einem Virus, das an Pathogenität zunehmen, also auch wieder schwere Verläufe zur Folge haben könnte. Und viertens das ungünstigste Szenario mit infektiöseren und mit schweren Verläufen einhergehenden Varianten. Auf diese vier Szenarien und auf die große Bandbreite dazwischen müsse man sich nun vorbereiten.

Quellen:

Wie entstehen Coronavirus-Varianten – und wie gefährlich sind sie?
https://www.zusammengegencorona.de/covid-19/wie-gefaehrlich-sind-die-coronavirus-mutationen/
Zugriff am 29. April 2022

Schweizer-Käse-Modell und Covid-19:
https://zdfheute-stories-scroll.zdf.de/corona-massnahmen-kaesemodell/index.html
Zugriff am 2. Mai 2022

SARS-CoV-2-Varianten (englisch):
https://www.who.int/en/activities/tracking-SARS-CoV-2-variants
Zugriff am 29. April 2022

Covid-19-Varianten in UK (englisch):
https://www.gov.uk/government/news/covid-19-variants-identified-in-the-uk
Zugriff am 2. Mai 2022

Wirksamkeit – Impfung und Omikron
https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/default-0f889c8985/eingeschraenkte-wirksamkeit-von-covid-19-impfstoffen-gegen-omikron/ 
Zugriff am 4. Mai 2022

NIG-Empfehlungen zur 4. Impfung:
https://www.sozialministerium.at/Corona-Schutzimpfung/Corona-Schutzimpfung---Fachinformationen.html  
Zugriff am 29. April 2022

Impfstoffe der zweiten Generation:
https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/coronavirus/impfstoffe-gegen-sars-cov-2-varianten
Zugriff am 2. Mai 2022

Virologe Andreas Bergthaler (ORF III Aktuell):
https://tvthek.orf.at/profile/ORF-III-Aktuell/13889091/ORF-III-AKTUELL/14133452/Interview-Andrea-Bergthaler/15154810
Zugriff am 2. Mai 2022




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