Trainieren, holografieren, kurieren: Augmented Reality in der Medizin

Wie kann die Technologie hinter Pokémon Go unseren Arztbesuch revolutionieren? Kleiner Tipp: Hologramme spielen auch eine Rolle.

Patient mit VR Brille spricht mit Ärztin
(c) Adobe Stock | Photographee.eu

Startup-Idee: Was halten Sie von einer digitalen Chirurgin? Wie? Nichts? Na gut, andere Idee: Was halten Sie von einer menschlichen Chirurgin, die auf digitale Hochtechnologie setzt, um noch präziser und fehlerfreier zu arbeiten? 

Digitales im OP-Saal ist nichts Neues. Genaugenommen würde es Sie wohl sogar wundern, wenn Sie in einen OP-Saal gekarrt werden und dort statt Medizintechnik nur eine einsame Säge liegen würde. Vielleicht hätten Sie doch auf die Google-Rezensionen Ihres Arztes gucken sollen? Was hingegen neu ist, ist Augmented Reality (AR) im OP-Saal. 

Augmented Reality im OP-Saal: Der holografische Chirurg

Augmented Reality im OP-Saal sieht beispielsweise folgendermaßen aus: Ihr Chirurg trägt eine Brille, die ihm wichtige Daten einblendet – Ihre Vitaldaten, die nächsten Schritte der OP oder medizinische Darstellungen. Vorteil: Ihr Arzt hat alle notwendigen Daten vor sich und muss die OP nicht unterbrechen, um kurz etwas nachzuschauen.

Doch Augmented Reality kann auch anders aussehen. Die amerikanische Firma SentiAR entwickelt ein System, das holografische Darstellungen ermöglicht: Direkt über dem Patienten auf dem OP-Tisch taucht dann eine 3D-Darstellung eines bestimmten Aspekts der menschlichen Anatomie auf. 

Das ist keineswegs Science-Fiction: Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA genehmigte ein ähnliches System von US-Firma Novarad – noch allerdings nur für das Training und die Planung einer OP. Sie müssen sich also noch etwas gedulden, bis die Hologramme tatsächlich während Ihrer OP über Ihnen tanzen.

Vorbereiten und zusammenarbeiten

Eine weitere Anwendung von Augmented Reality in der Medizin findet sich in der OP-Vorbereitung: Wenn ein fragliches Körperteil vorab gescannt wird, kann der Arzt mit einem 3D-Computerbild davon arbeiten und die bevorstehende Prozedur durchgehen. Eine Reihe von Firmen, darunter EchoPixel, arbeiten an entsprechender Software.

Die Firma Proximie nutzt AR wiederum als Methode für die mentale Vorbereitung des Patienten. AR-Darstellungen zeigen ihm, wo seine gesundheitlichen Probleme liegen, und wie die OP ablaufen wird. Das soll für weniger Angst vor Operationen sorgen und brachte Proximie den Titel als eine der 40 wichtigsten digitalen Innovationen des 2018 World Summit Awards ein.

Doch Augmented Reality erlaubt es Ärzten auch, leichter auf die Expertise ihrer menschlichen Kollegen zuzugreifen. Denn wenn der Chirurg im niederländischen Amsterdam mit dem Spezialisten im walisischen Cardiff direkt visuell Daten teilen kann, fällt den beiden die Zusammenarbeit am komplexen Krebsfall leichter. Wenn das Beispiel auf Sie merkwürdig konkret wirkt, dann eventuell, weil es tatsächlich genauso vorgefallen ist.

Gut zu wissen

Ein Vorteil von Augmented Reality (und Virtual Reality) ist es, dass mehrere Nutzer das gleiche Bild sehen können. Das ist für Training und Zusammenarbeit ein großer Vorteil.

Ärzte spielerisch trainieren

Wie sieht es mit dem großen Bruder von Augmented Reality aus, Virtual Reality (VR)? VR wird in der Medizin vor allem für die Ausbildung und das Training für konkrete Situationen genutzt, denn in der Realität (...Real Reality?) lässt sich nicht kurzerhand eine OP am offenen Herzen simulieren, in einer VR-Software hingegen schon. 

Der einzige Grund, warum Sie Ihren Arzt im OP-Saal also mit VR-Headset auf dem Kopf erwischen, ist, weil er noch kurz ein bisschen üben wollte. Schon wieder, warum haben Sie bloß die Rezensionen nicht gelesen

Wie wirksam ist VR als Trainingsmittel? Groß angelegte Untersuchungen über die Wirksamkeit sind noch Fehlanzeige, doch eine Metastudie, die sich 23 Einzelstudien angeschaut hat, befand, dass in 74 Prozent eine verbesserte Lernleistung festgestellt wurde.

Gut zu wissen

VR und AR traten in der Medizin erstmals in den 1980ern auf, in den 90ern begannen erste Anwendungen als Trainingsmethode.

Nicht nur für Ärzte

Ist Augmented Reality also nur etwas für Chirurgen? Keineswegs. Auch für Krankenpfleger hat AR etwas im Sackerl: AccuVein hat einen Handscanner entwickelt, der Pflegern zeigt, wo sich beim Patienten Venen befinden. Die Technologie wurde bereits an rund zehn Millionen Patienten angewandt und macht einen erfolgreichen Stich beim ersten Versuch um das 3,5-fache wahrscheinlicher.

Und Virtual Reality findet in der Schmerztherapie Anwendung. Probanden einer Studie, die sich mittels VR ablenkten, empfanden deutlich weniger Schmerz als eine Kontrollgruppe, die vor den Fernseher gesetzt wurde. Bei Patienten mit sehr hohen Schmerzen (mindestens sieben auf einer 1-10-Skala) brachte VR im Schnitt 3,04 Punkte Erleichterung, der Fernseher nur 0,93 Punkte.

Fassen wir zusammen: Augmented und Virtual Reality können...

  • Ärzte besser ausbilden
  • Ärzte auf OPs vorbereiten
  • Ärzte während der OP unterstützen
  • Patienten besser informieren
  • Medizinische Prozeduren, z. B. Blutentnahmen, erleichtern
  • Die Zusammenarbeit zwischen Ärzten stärken
  • Bei der Schmerztherapie Anwendung finden

Und es ist vermutlich nicht zu viel gesagt, dass tagtäglich an neuen Anwendungsfeldern gearbeitet wird. Augmented und Virtual Reality werden uns in Zukunft also voraussichtlich noch deutlich öfter beim Arztbesuch unterkommen.

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