Zuckerfrei mit Kindern – geht das? 

Fastenzeit heißt: 40 Tage bewusster essen. Aber wie geht das mit Kindern – vor allem in Hinblick auf Zucker? Eine Expertin erklärt, wie Süßigkeiten reduziert und gesunde Alternativen geschaffen werden können.

Kind mit Schoko-Lolli - ist zuckerfasten möglich?

Vorweg: Hier geht’s nicht ums Fasten. Davon ist bei Kindern aus medizinischer Sicht strikt abzuraten. Die Zeit vor Ostern kann aber durchaus für eine zuckerbewusste Ernährung genutzt werden.

Auf Zucker komplett zu verzichten, sei nicht wirklich möglich, sagt die Wiener Ernährungswissenschaftlerin Mag.a Ingeborg Hanreich, die auf Säuglings- und Kinderernährung spezialisiert ist. „Immerhin braucht unser Gehirn Zucker, um zu funktionieren. Dabei geht es aber nicht um regulären Haushaltszucker, sondern zum Beispiel um die zwei Portionen frisches Obst, die man täglich zu sich nehmen soll. Oder um Kartoffeln oder Brot, deren Stärke vom Körper ebenfalls in Zucker umgewandelt wird.“ Generell gilt laut Hanreich: Die Dosis macht das Gift. „Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat als vertretbare Höchstgrenze eine Handvoll Süßes pro Tag definiert. Bei Kinderhänden ist diese Handvoll natürlich kleiner als bei Erwachsenen.“

Hier erklärt die Expertin, wie man den Zuckerkonsum spielerisch reduzieren kann.

1.   Zucker-Prävention beginnt im Säuglingsalter

„Was viele nicht wissen: Die natürliche Geschmacksvorliebe von Babys ist auf süßlich getrimmt, weil Muttermilch leicht süßlich schmeckt“, erklärt Hanreich. „Wer schon im ersten Lebensjahr mit gesüßten Breien, Tees und Getränken beginnt, verursacht ein Problem.“ Die Vorliebe für (Zucker-)Süßes wird nur schwer wieder aufgegeben. Hanreich rät daher zu Prävention, indem man frühestens ab dem zweiten Lebensjahr in geringem Maße Zucker verwendet. „So können Kinder von Grund auf ein gesundes Verhältnis dazu aufbauen.“ 

2.   Zuckerfallen spielerisch aufzeigen

Fruchtjoghurt, Kinder-Kekse, Ketchup, Eistees, Cornflakes, Erdnuss-Flips: Kindern ist selten klar, wo sich überall Zucker versteckt – und wie viel man täglich zu sich nimmt. Gemeinsam als Familie die Nährwertangaben zu studieren und das Ergebnis dann bildhaft – etwa mit aufgestapelten Würfelzucker-Stücken – zu veranschaulichen, sorgt für mehr Bewusstsein. So wird etwa ersichtlich, dass in einem Becher „gesundem“ Fruchtjoghurt bis zu 7 Stück Würfelzucker stecken können. „Auch süßer Senf und Ketchup sind Zuckerfallen“, weiß Hanreich. „Ketchup enthält einen Großteil Zucker. Dabei wäre es sogar selbst herstellbar.“

3.   Zuckeralternativen sparsam verwenden

Honig, Apfelsüße, Agavensirup, Birkenzucker, Stevia: Alternative Süßungsmittel sind nicht automatisch besser. „Honig ist letztlich auch nichts anderes als Zucker, die Saccharose ist nur in Frucht- und Traubenzucker gespalten“, erklärt Hanreich. „Stevia wiederum würde den Zuckereinsatz reduzieren, aber es stillt den Süßhunger nicht. Insofern glaube ich, dass ein vernünftiger Umgang mit der Zuckermenge am meisten Erfolg bringt.“

4.   Weniger Zucker trinken

Wasser ist der beste Durstlöscher“, sagt Hanreich. Sie weiß aber auch, dass Kinder oft nach etwas verlangen, was „Geschmack“ hat. Hier rät die Expertin zu folgenden Getränken:

  • Wasser mit Orangen- oder Zitronenscheiben. Oder man versetzt einen Krug Wasser mit frischen Kräutern wie Basilikum, Minze oder Zitronenmelisse.
  • Ungesüßter Früchte-, Kräuter- oder Rooibostee. „In Rooibostee kann man zum Beispiel einen Schuss Milch geben, um den Tee cremig zu machen. Mit einem Schluck Orangensaft und Vanille wiederum schmeckt das Ganze wie ein Punsch.“ Von Grün- oder Schwarztee – auch in Eistee-Form – rät die Expertin ab, weil beides für Kinder zu aufputschend wirken.
  • Fruchtsäfte verdünnen. „Mit 200 Milliliter Saft pro Tag (statt einer Obstportion), aufgeteilt in kleine Mengen und verdünnt mit Wasser oder Tee, kann man viel erreichen. Das Getränk schmeckt süßlich – und die tägliche Zuckeraufnahme bleibt im Rahmen.“
  • Buttermilch-Drinks. Diese kann man z. B. mit Gewürzen oder etwas Mineralwasser versetzen. „Buttermilch wirkt zudem erfrischend“, weiß Hanreich.

5.   Gesunde Snack-Alternativen anbieten

Naschereien und Snacks komplett verbieten, bringt meistens nicht viel. Besser ist es, auf gesunde Alternativen zurückzugreifen:

  • Nüsse statt Chips & Co. Weil auch in Erdnussflips, eingelegten Gewürzgurken oder Chips Zucker steckt, rät Hanreich zu Nüssen und Gemüsesticks. „Nüsse enthalten Magnesium, Mineralstoffe und gute Fettsäuren. Das Gemüse wiederum hat Ballaststoffe. Beide Snacks sind gut für die Darmflora.“
  • Obststrudel statt Kuchen und Muffins. „Im Strudelteig ist kein Zucker – und Obstfülle braucht keine zusätzlichen Süßungsmittel.“ Eine weitere Möglichkeit: Zimtige Vollkorn-Dinkelgrießknödel mit Apfelmus. Das Rezept aus Hanreichs Buch „Pfiffige Rezepte für kleine und große Leute“ kommt ohne Zucker aus und findet sich hier.

  • Trockenobst statt Naschereien. Mit Trockenobst lässt sich für überraschende Geschmackserlebnisse sorgen. „Man kann zum Beispiel ein Kind bitten, die Augen zu schließen. Dann gibt man ihm eine Rosine oder Cranberry und fragt: Wie fühlt es sich im Mund an? Magst du mal hineinbeißen? Viele Kinder reagieren erstaunt, wie süß so eine einzelne Beere schmeckt, wenn man sie länger im Mund lässt.“

6.   Mit Gewürzen neue Geschmackserlebnisse schaffen

„Gewürze können helfen, eigentlich neutral schmeckende Nahrungsmittel plötzlich interessant zu machen. Naturjoghurt mit etwas Vanille wird zum Beispiel oft für Erdbeerjoghurt gehalten – wenn man es zusätzlich rot einfärbt und so den Verstand austrickst.“  

Zusammengefasst:

Wer den Zuckerkonsum von Kindern reduzieren möchte, sollte gemeinsam mit dem Nachwuchs die Nährwertangaben studieren: Wie viel Zucker steckt überhaupt in welchen Lebensmitteln? Vor allem bei Getränken lässt sich viel Zucker einsparen, indem man statt Fruchtsäften, Limonaden und Eistees etwa ungesüßte Kräutertees, gewürzte Buttermilch oder mit Kräutern versetztes Wasser serviert. Obendrein gibt es zahlreiche gesunde Snack-Alternativen.

Zur Person:

Portrait Ernährungswissenschaftlerin Ingeborg Hanreich (c) Karl Grabherr
Ernährungswissenschaftlerin Ingeborg Hanreich (c) Karl Grabherr

Mag.a Ingeborg Hanreich ist Ernährungswissenschaftlerin in Wien und Autorin zum Thema gesunde Säuglings- und Kinderernährung. In ihren Büchern „Rezepte und Tipps für Babys Breikost“, „Pfiffige Rezepte für kleine und große Leute“ sowie „Coole Rezepte für zwischendurch“ finden sich Gerichte, die ohne oder mit nur sehr wenig Zucker auskommen. Die Expertin bietet auch persönliche Unterstützung für Eltern an.


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