Heilsames Singen: Guter Ton

Sie singen? Nicht nur unter Dusche, sondern gemeinsam mit anderen Menschen? Herzlichen Glückwunsch, damit haben Sie gute Karten, um lang, gesund und glücklich zu leben.

mutter singt mit tochter
(c) Adobe Stock | JenkoAtaman

Hat der Satz „Musik hält jung“ bis vor einiger Zeit als nette Binsenweisheit gegolten, liefern mittlerweile Wissenschaftler den Beweis, dass es sich tatsächlich so verhält. Unter ihnen befindet sich auch der Neurologe Prof. Stefan Kölsch: „Eine meiner Lieblingsstudien des letzten Jahres hat gezeigt, dass das Gehirnalter von Amateurmusikern und Musikern niedriger ist als das von Kontrollpersonen. Beim Musikmachen wird sehr viel Dopamin ausgeschüttet. Das ist ein Botenstoff im Gehirn, auch Glückshormon genannt, mit dem sich das Gehirn jung hält.“  

Singen gegen Stress

Die einfachste Weise Musik zu machen, ist Singen. „Menschen singen in allen Lebenslagen. Bei der Geburt eines Kindes, zur Unterstützung der Wehen und aus Freude über das neue Leben. Singen hilft beim Vertreiben der Angst im dunklen Keller, motiviert im Fußballstadion und tröstet als Klagelied am Totenbett“, erklärt Michael Janoschek. Seine Ehefrau Martina und er singen gemeinsam mit Patienten in Reha-Kliniken und Menschen in Unternehmen. Dabei können sie beobachten, wie heilsam Singen für Körper, Seele und das Miteinander ist. „Auf körperlicher Ebene passiert ganz viel beim Singen. Die Atmung wird tiefer und langsamer, wodurch man sich rasch entspannt. Auch die Herzratenvariabilität (die Fähigkeit eines Organismus, die Frequenz des Herzrhythmus den momentanen Anforderungen anzupassen) verändert sich. Unter Stress ist die Variabilität eingeschränkt, Singen – vor allem von mantraartigen Liedern mit simplen Melodien, wenig Text und vielen Wiederholungen – erhöht diese. Das geschieht häufig schon nach wenigen Minuten“, so Martina Janoschek. 

Singen gegen Einsamkeit

Was für den Einzelnen gilt, gilt umso mehr für das Singen mit anderen Menschen – egal ob im Chor oder, wie während der Corona-Krise, am Balkon mit der Nachbarschaft. Tatsächlich hat eine schwedische Studie gezeigt, dass sich beim gemeinsamen Singen zuerst die Atmung der Sänger und Sängerinnen angleicht und in Folge ihr Herzschlag. Zusätzlich wird ein weiteres, wichtiges Hormon ausgeschüttet – Oxytocin. Michael Janoschek: „Dieses Hormon wird sonst bei der Geburt oder beim Kuscheln freigesetzt, weshalb es auch Kuschelhormon heißt. Es bewirkt, dass man sich geborgen fühlt und stärkt den Gruppenzusammenhalt, reguliert den Blutdruck und den Cortisolspiegel, was die Verarbeitung von Stress unterstützt “ Martina Janoschek ergänzt: „Es ist immer etwas anderes, ob man in einer Gruppe singt oder allein. Mit anderen Menschen zusammen zu singen heißt auch, gegen die Vereinsamung anzugehen und gemeinsam Spaß zu haben.“ Michael Janoschek führt einen zusätzlichen sozialen Aspekt ins Treffen: „Bei einem Singworkshop in großen Unternehmen kennen die Menschen einander oft nicht persönlich. Durch das gemeinsame Singen wird auch eine neue, gesunde Basis für die weitere Zusammenarbeit gelegt.“

Im Vordergrund stehen dabei Freude und Kreativität, nicht Leistung und Perfektion. Martina Janoschek: „Im Alltag glauben wir immer alles richtig und perfekt machen zu müssen. Beim „Heilsamen Singen“ geht es jedoch um Kreativität und Freiheit. Wenn wir uns darauf einlassen, hat es wiederum auf andere Bereiche unseres Lebens positive Auswirkungen. Hier gilt das Motto: Es gibt keine falschen Töne, nur Variationen.“ 

Singen für die Jüngsten

Um mit dem Singen zu beginnen, kann es nicht früh genug sein. Sogar dem Ungeborenen kann man Schlaf- und Wiegenlieder vorsingen. Ist das Baby auf der Welt, besitzen sie für ihn Wiedererkennungseffekt. Und wer glaubt, für seinen Nachwuchs nicht schön genug zu singen, dem verrät der Neurologe und Musiker Stefan Kölsch mit Augenzwinkern: „Ihr Kind hat ja gar keine Vergleichsmöglichkeiten, sodass Sie sich nicht vor ihm blamieren können. Außerdem geht es nicht darum, für das Baby den Grundstein für eine spätere Opernkarriere zu legen, sondern spielerisch seine soziale, emotionale und kognitive Entwicklung zu unterstützen.“ Daher: egal ob „Happy Day“ oder „Guter Mond, Du gehst so stille“, singen Sie einfach und aus vollem Herzen – Ihr Baby und Ihre eigene Gesundheit werden es Ihnen danken.

Buchtipp

Prof. Stefan Kölsch, Good Vibrations – Die heilende Kraft der Musik, Ullstein Verlag 2019

Zur Person:
Martina und Mag. Michael Janoschek sind zertifizierte Singleiter der Akademie für Singen und Gesundheit, zertifizierte Singleiter für Gesundheitseinrichtungen & Altenheime des intern. Vereins Singende Krankenhäuser e.V., Mitarbeiter im österr. Verein „SingDichGesund“ sowie dipl. Mental, Intuitions- & Bewusstseinstrainer. Sie leiten Projekte, Workshops und Seminare rund um das Thema „Singen“.

Kontakt

Reiseversicherung