Apple – so wertvoll wie ein kleines EKG
Im Kampf um die digitale Lufthoheit bei der Rettung der Menschheit hat Apple drei Hauptthemen identifiziert: Blutdruck, Blutzucker und Schlaf.
„Wenn wir uns dereinst fragen, wo der größte Beitrag von Apple für die Menschheitsgeschichte lag, so wird die Antwort lauten, im Gesundheitswesen." Dieses doch etwas überraschende Statement von Apple-CEO Tim Cook zeigt wie ernst es dem Unternehmen aus Cupertino mit seinen Healthcare-Ambitionen ist. Im Kampf um die digitale Lufthoheit bei der Rettung der Menschheit hat Apple drei Hauptthemen identifiziert: Blutdruck, Blutzucker und Schlaf.
Drei Schwerpunkte in Apples Healthcare-Strategie
Den Zugang zu medizinischer Versorgung zu verbessern und die Prozesse im Gesundheitswesen schlanker und effizienter zu machen – mit diesen Themen hat sich bereits Apple-Übervater Steve Jobs auseinandergesetzt. Aber es geht natürlich auch um „richtige“ Medizin, um die Digitalisierung von Methoden in der Früherkennung und Behandlung von Krankheiten. Das Online-Wirtschaftsmagazin FastCompany hat das aktuelle Zitat von Tim Cook als Anlass genommen, wieder einmal einen genaueren Blick auf die Healthcare-Strategie von Apple zu werfen und ist zum Schluss gekommen, dass die zweifellos vorhandenen Ambitionen, ein Big Player in diesem Feld zu werden, derzeit an drei konkreten Beispielen manifestieren: am Blutdruck- und Blutzuckermanagement sowie beim Thema Schlaf.
EKG-fähige Apple Watch
Wenige Interventionen in der Medizin können das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen so deutlich verringern wie die dauerhafte Senkung eines erhöhten Blutdrucks in den Normbereich. Kein Wunder also, dass die Integration eines Features zur Blutdruckmessung für Apple ein in jeder Hinsicht großer Wurf wäre. Bereits die erste Version der Apple Watch, die im Jahr 2015 auf den Markt kam, war mit einer beeindruckend zuverlässigen Funktion zur Bestimmung der Herzfrequenz ausgestattet. Mittlerweile verfügt die Uhr sogar über eine EKG-Funktion, allerdings „nur“ zur Messung des Herzrhythmus. Immerhin kann damit mit einer über 98-prozentigen Genauigkeit bestimmt werden, ob der Träger der Uhr einen Sinusrhythmus oder ein Vorhofflimmern hat. Der Nutzer muss dazu den Finger auf die Digital Crown seitlich an der Uhr legen und schon kann ein Einkanal-EKG aufgezeichnet werden. Mit dem letzten Softwareupdate der Apple Watch ist es zudem für alle Versionen der Uhr möglich, einen Herzfrequenzalarm einzurichten, der den Träger verständigt sobald er über einen längeren Zeitraum brady- oder tachykard ist oder einen unregelmäßigen Herzrhythmus aufweist.
Zwischenstation aufblasbares Uhrband
Nun also der Blutdruck und die Möglichkeit, einen ungleich größeren Markt zu bedienen als beim Thema Rhythmusstörungen. Eine wirklich ausgereifte Lösung gibt es allerdings noch nicht. Im Juni 2018 hat Apple beim amerikanischen Patentamt ein „Low-profile blood measurement system“ eingereicht. Dabei wird eine integrierte Manchette innerhalb des Uhrbandes aufgeblasen und gemeinsam mit neuen Sensoren in der Uhr selbst zur Bestimmung des systolischen und diastolischen Blutdrucks eingesetzt. Dass solch ein technischer Ansatz durchaus ein Approval der amerikanischen Food and Drug Administration bekommen kann, hat Medizinprodukte-Hersteller OMRON bereits bewiesen.
Nicht-invasive Blutzuckermessung
Beim Typ-2-Diabetes sieht die Sache noch etwas komplizierter aus, schließlich wurde bisher noch keine zuverlässige komplett nicht-invasive Methode zur laufenden Bestimmung des Blutzuckerspiegels im Rahmen des kontinuierlichen Glukosemanagements entwickelt. Eine solche braucht es aber, wenn die Vision vom automatisierten Kreislauf zwischen Messung und Insulingabe funktionieren soll. Bisherige Ansätze arbeiten entweder mit unter die Haut am Bauch applizierten Nadeln, die den Glukosegehalt der interstitiellen Flüssigkeit messen und sind damit nach wie vor invasiv. Andere benötigen immer noch eine geringe Menge Blut für die Blutzuckerbestimmung. Damit können natürlich bereits Daten an die Apple Watch übermittelt werden, aber erst eine komplett nicht-invasive Methode, etwa durch Verwendung von elektromagnetischen Wellen im Infrarotbereich, wäre so etwas wie der Heilige Gral für Apple.
Immer mehr Daten, immer mehr Intelligenz?
Der dritte Themenbereich, über den Apple nach Ansicht von FastCompany den Funktionsumfang seiner Geräte für den Healthcare-Sektor erweitern will, ist die Schlafmedizin. Zwar gibt es von Apple bisher keine nativen Schlaf-Apps für iOS und die Apple Watch verfügt nach wie vor über keine schlafrelevanten Sensoren, aber die Akquisition eines auf diesen Bereich spezialisierten Unternehmens aus Finnland weist eindeutig in diese Richtung. Die Firma Beddit hat ein dünnes Sensor Pad entwickelt, das unter die Matratze gelegt wird und über das Daten zu Schlafdauer, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Schnarchen sowie Temperatur und Feuchtigkeit des Bettes erfasst werden. Ein massiver Rollout dieser Funktionen über die Apple Watch scheitert derzeit noch am hohen Strombedarf dieser Funktionalitäten, aber wie man hört, arbeiten die Hardware-Entwickler bereits auf Hochtouren.
Mit all den Datenmengen, die in Zukunft über die Apple Watch erfasst werden könnten, stehen bestimmt auch schon die entsprechenden Anwendungen künstlicher Intelligenz bereit, deren Job es sein wird, relevante von irrelevante Daten zu unterscheiden und aus den relevanten Daten Informationen abzuleiten, die tatsächlich die Gesundheit ihrer Adressaten verbessern könnten. Apple wäre dann ein einflussreiches Health Care Unternehmen – das passende Logo dazu hat man ja bereits.