Ruheinseln im Alltag

Warum Langeweile eine gute Sache ist und wir mehr vom Nichtstun in unseren Alltag einbauen sollten.

Frau Baum Gras
© Adobe Stock | contrastwerkstatt

Wann haben Sie das letzte Mal nichts getan? Möglichweise fällt Ihnen nicht gleich etwas ein oder Sie müssen zunächst mal überlegen, was mit Nichtstun überhaupt gemeint sei. Chillen, chatten, am Sofa relaxen? Vielleicht kommt Ihnen „Dolce far niente“ in den Sinn, das süße Nichtstun, das die Italiener angeblich so gut können und für das wir sie sogar ein wenig beneiden…  

Bei uns ist das „Nichtstun“ nicht so gut angeschrieben, handelt es sich dabei doch um eine nicht genützte, also um eine unnütze Zeit. Das widerspricht ein wenig unserer geschäftigen, leistungsorientierten Welt. Außerdem hat es den schlechten Ruf, schlichtweg langweilig zu sein. 

Langeweile ist gesund

Das Nichts und das Nichtstun sind schwer greifbar, wir können es nicht kontrollieren und es lässt sich bisher auch mit keiner App messen oder steuern. Diese „lange Weile“ kann ganz schön unruhig machen.  

Dabei ist Langeweile sogar gesund. „Einfach sein, ohne etwas tun zu müssen ist wichtig, damit wir wieder in unseren eigenen Takt finden“, erklärt UNIQA VitalCoach Barbara Schagerl-Müllner. „Langeweile eröffnet den Raum für Kreativität. Erst, wenn ich etwas leiser werde, entsteht Raum für Neues. Wenn Platz für Fragen da ist, kommt Neugierde hervor und dann ist es auch nicht mehr langweilig“, so die Expertin weiter.  

Die Windstille der Seele

Friedrich Nietzsche hat diese Art von Langeweile als jene „angenehme Windstille der Seele, welche der glücklichen Fahrt und den lustigen Winden vorangeht“ bezeichnet. Als große Schwester der Langweile kommt die Muße ins Spiel. Ohne die Muße gäbe es auch keine Kunst, denn für den oft zitierten „Musenkuss“ brauchen Künstler jedenfalls die Mußestunden. 

Aber nicht nur für Künstler sind diese Stunden im Leerlauf wichtig, der Rückzug aus der Alltagshektik ist für uns alle unerlässlich. Unser Bewusstsein liegt nämlich in verschiedenen „Aggregatzuständen“ vor. 

  • Alltag: Der Zustand des Alltagsbewusstseins bei erwachsenen Menschen, der sogenannte Beta-Zustand, liegt zwischen13 Hz und 21 Hz. Hier ist unser logisches, analytisches Denken zu finden.
  • Alarm: Der Bereich von 21 bis 38 Hz wird als der Bereich einer permanenten Alarmbereitschaft bezeichnet. Manchmal sind wir sogar auf 100. Nicht umsonst heißt es dann – ‚komm erst einmal runter’.
  • Entspannung: Der Alpha-Bereich (8–13 Hz) entspricht dem Zustand leichter Entspannung. Diesen Bewusstseinszustand erleben und beschreiben Menschen sehr unterschiedlich. Ein Punkt ist allerdings immer gleich: der Kopf ist frei und weitgehend ruhig.

Mit einem klaren Kopf im Hier und Jetzt

Den Alpha Zustand erreichen wir, wenn wir entspannt sind: Kurz vor dem Einschlafen, unmittelbar nach dem Aufwachen, beim Tagträumen, beim entspannt Musik hören, beim Bewegen in der Natur. Hier arbeitet das Gehirn ganzheitlicher und vernetzter – bewusste und unbewusste Gehirnfunktionen sind miteinander verbunden. Man ist aufnahmefähig, fokussiert und gleichzeitig völlig entspannt. 

In diesem Zustand geht vieles leichter und müheloser – ganz einfach im Flow. „Es gibt viele Wege im Hier und Jetzt anzukommen. Allein oder mit Anleitung, in der Natur oder mit guter Musik. Jeder hat seinen ganz persönlichen Weg“, erzählt Schagerl-Müllner. „Einfach einmal nichts tun, es sein lassen, sich spüren, können kleine Ruhinseln im Alltag sein. Achtsamkeit und Wahrnehmung kann über einfache Atemübungen trainiert werden, es reicht schon, den eigenen Körper für einige Augenblicke bewusst wahrzunehmen.“

Eltern sollten hier übrigens Vorbilder für ihre Kinder sein und leere, nicht verplante Abende vorleben, denn Kinder müssen nicht immer „bespaßt“ werden.  

Ins Narrenkastl schauen

Zugegeben, die Versuchung, bei kleinsten Wartezeiten sofort das Smartphone zu zücken, ist groß. Überall lauern die Reize und Angebote und es ist zu unserer Gewohnheit geworden, darauf zu reagieren. Einfach „Ins Narrenkastl schaun“ – das gelingt Kindern bis zum Alter von ca. zwölf Jahren ganz leicht. Gesund ist das „Seele-baumeln-lassen“ aber für Groß und Klein. Im „langweiligen“ Alphazustand regenerieren wir und schöpfen Kraft. Wie heißt es so schön? „Ferien bedeutet Langweile und den ganzen Tag dafür Zeit zu haben.“ 

Zur Person
Mag.a Barbara Schagerl-Müllner, www.lebensfreude.co.at, ist UNIQA VitalCoach und seit mehr als 20 Jahren als Trainerin im Gesundheits- und Vorsorgebereich tätig. Als Sportwissenschafterin und Yogalehrerin BYO liegt der Schwerpunkt ihrer Angebote im Bereich: Mentale Fitness durch Bewegung. Sie ist Unternehmensberaterin für betriebliche Gesundheitsförderung und in Oberösterreich Landeskoordinatorin für das Bewegungsprogramm Vital4Brain / Simply Strong.

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